Traditionelles Shotokan Karate bei Sensei Axel Dziersk (5. Dan)
Ein außergewöhnlicher Lehrgang in Berlin
Am 11. und 12. November 2017 fand im Dojo Samurai Ryu Berlin unter Leitung von Sensei Axel Dziersk erstmals ein Karate-Wochenende zum Thema traditionelles Shotokan Karate statt. Der Lehrgang war Auftakt einer Reihe solcher Veranstaltungen.
Da ich seit einigen Monaten genieße ich das Privileg, regelmäßig persönlich von Sensei Axel trainiert zu werden war der Besuch dieses Lehrgangs eine Selbstverständlichkeit.
Erster Tag
Der erste Trainingstag kann in jeder Hinsicht als anspruchsvoll bezeichnet werden. Neben intensiver Dehnung, immer wieder eingestreutem Koordinations- und Balancetraining und Grundlagen wie schnellem Hüftwechsel oder exakter Ausführung des Mawashi- und Ura-Mawashi-Geris, wurden auch Techniken wie Otoshi-Geri oder Teisho-Uke/-Uchi in der Anwendung geübt, die sonst eher selten trainiert werden.
Um Distanz, Zielregion und Wirkung zu trainieren, bestand der mit Abstand größte Teil der Zeit aus Partnerübungen, die direkt aus dem Kihon-Programm am Partner umgesetzt wurden.
Aufgrund der klaren Anweisungen und ständigen Korrekturen habe ich diese als sehr effizient empfunden. Und weil neben Sauberkeit auch auf leichten Körperkontakt Wert gelegt wurde fühlte sich das Ganze sehr real an.
Ein großes Thema am ersten Tag waren die vielen verschiedenen Varianten von Sabaki. Detailiert wurden die jeweiligen Vor- und Nachteile beschrieben und ausprobiert. Besonders gefallen hat mir in dem Zusammenhang die Anwendung von Ashi-Barai, der bei richtiger Positionierung und Ausführung nicht nur als Ablenkung taugt, sondern als zuverlässige Fegetechnik funktioniert.
Kata und Kata-Bunkai waren eines der ausgewiesenen Lehrgangsthemen. Wie kaum ein anderer versteht es Sensei Axel die Kata nicht zum Selbstzweck zu laufen, sondern für das Training zu benutzen. So waren die Grenzen zwischen Kihon, Kata und Kumite fließend. Mal wurde ein Embusen genutzt um Mae-Geri und Folgetechniken beim Ushiro-Geri zu üben, an anderer Stelle Sankaku Tobi aus der Kata Meikyo mit Hilfe des Partners angewendet. Besonders beeindruckt hat mich die „dirigierte Kata“ – eine Trainingsmethode, bei der mehrere Karateka gleichzeitig eine oder in der Steigerung verschiedene Katas laufen und dabei vom „Dirigenten“ gesteuert werden müssen. Das ist hochgradig geistig anspruchsvoll und besonders für Trainer eine gute Art, die jeweiligen Katas noch besser zu verinnerlichen.
Im letzten Teil des ersten Trainingstages wurden Sequenzen aus vielen Katas (Heian Nidan, Heian Sandan, Heian Yondan, Tekki Shodan, Bassai Dai, Meikyo) beidseitig in Form von Kihonbahnen geübt. Nach fast 5 Stunden intensiven Trainings war der Kampf vielen Lehrgangsteilnehmern anzusehen und es wurde am Schluss noch einmal alles gegeben.
Der erste Tag endete mit traditionellem Kata-Bunkai.
Die Techniken wurden genauso und unverändert angewendet wie sie in der Kata vorkommen, ohne dass irgendetwas verändert oder hinzugenommen wurde. Zum Beispiel wurde von Axel gezeigt, wie mit der Anfangs-Sequenz aus Heian Yondan drei Gegner ausgeschaltet werden (jodan Haishu-Uke – Jodan-Kamae im Kokutsu-Dachi -> jodan Haishu-Uke – Jodan-Kamae im Kokutsu-Dachi -> Koshi-Kamae -> Gedan Juji-Uke im Zenkutsu-Dachi -> chudan Morote-Uke im Kokutsu-Dachi)
Zweiter Tag
Nach dem obligatorischen gemeinsamen Lehrgangsabendessen und Erfahrungsaustausch stand am zweiten Tag karatebezogene Selbstverteidigung auf dem Plan.
Etwas weniger anstrengend als am Vortag folgten einem kleinen Theorieteil wieder viele Partnerübungen, dieses Mal zum Umgang mit verschiedenen bedrohlichen Situationen. Dabei wurde das Befreien aus verschiedenen Festhalten und Würgen genauso trainiert wie die Verteidigung gegen Angriffe mit Baseballschläger oder Messer.
Auch wurden Kata-Bunkai-Anwendungen gelehrt mit zahlreichen im Sport-Karate verbotenen Techniken und zusätzlichen Festsetzen und Kontrollen des Angreifers durch Hebel und Würfe.
Fazit
Das Wochenende in Berlin war unglaublich spannend und lehrreich.
Besonders die Authentizität dessen, was Trainiert und gezeigt wurde habe ich als sehr angenehm empfunden. Sei es das Kata-Bunkai, welches sich bei Sensei Axel immer genau an der Kata orientiert und diese nicht verändert, der Kontakt, der jede Partnerübung realistisch anfühlen lässt oder der ständig gegenwärtige Karatebezug beim Thema Selbstverteidigung.
Wer Axel Dziersk kennt, der weiß, dass er ein sehr anspruchsvoller Trainer ist, der großen Wert auf die traditionell korrekte Ausführung jeder einzelnen Technik legt und jeden noch so kleinen Fehler sieht. Eine entsprechende Fülle an Erkenntnissen konnte ich persönlich von den zwei Tagen mitnehmen.
Bericht von Stefan Lebelt – Trainer im Shutō Kai
Der Text wurde in ähnlicher Form auch auf der Berichteseite des DJKB veröffentlicht.